Im Schattenkrieg der Mullahs. Die EU-Marine-Mission im Roten Meer ist defensiv angelegt und dennoch riskant.

Es ist die gefährlichste Mission der Deutschen Marine seit Jahrzehnten. Am vergangenen Freitag gab der Bundestag grünes Licht für die Entsendung der Fregatte „Hessen“ ins Rote Meer. Sie ist Teil der EU-Militäraktion „Aspides“.  Vorrangiges Ziel ist der Schutz europäischer Handelsschiffe vor Angriffen der schiitischen Huthi-Milizen im arabischen Bürgerkriegsland Jemen. Diese attackieren Handelsschiffe im Roten Meer, denen sie eine Nähe zu Israel vorwerfen. Sie wollen damit ein Ende des israelischen Militäreinsatzes im Gazastreifen erzwingen.

Die Bundesmarine stellt sich nach eigenen Angaben auf Angriffe mit Raketen, Drohnen und „Kamikaze-Booten“ ein. „Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass auch wir als Ziel betrachtet werden“, sagte der Kommandant der „Hessen“, Fregattenkapitän Volker Kübsch. Zu Beginn vergangener Woche besuchte Verteidigungsminister Boris Pistorius die Besatzung des Kriegsschiffs, das vor der griechischen Insel Kreta ankerte. Von dort aus machte sich die „Hessen“ mit 240 Soldatinnen und Soldaten an Bord auf den Weg ins Rote Meer.    

Die Region ist eine neuralgische Zone der globalen Wirtschaft. Zwölf Prozent des Welthandels verlaufen durch das Rote Meer. Viele internationalen Reedereien wie Maersk oder Hapag-Lloyd haben ihre Routen zwischen Europa und Asien bereits umgeleitet. Die Strecken führen nun am Kap der Guten Hoffnung an der Südspitze Afrikas vorbei. Die Güter-Transporte dauern so rund zwei Wochen länger, was die Lieferungen deutlich teurer macht. Die Auswirkungen des Krieges im Nahen Osten reichen somit bis in die Supermarktregale bei uns.      

Gestützt werden die Huthis vom schiitischen Mullah-Regime in Teheran. Sie besitzen iranische Waffensysteme neuester Bauart. Die Zahl ihrer Kämpfer wird auf 10.000 bis 30.000 geschätzt. Nach den Terrorangriffen der Hamas auf Israel vom 7. Oktober wurden die Huthis zu einer der militantesten Kriegsparteien aufseiten der islamistischen Palästinenser im Gazastreifen.

Das Regime in Teheran scheut bisher davor zurück, sich in den Gaza-Krieg direkt einzumischen. Doch das strategische Ziel der iranischen Führung ist klar: Israel soll kurzfristig geschwächt und auf lange Sicht vernichtet werden. Die US-Truppen will der Iran aus dem Nahen Osten vertreiben.  

Seit der Islamischen Revolution 1979 hat das schiitische Regime ein Hauptziel: Das Modell eines Gottesstaates soll in den gesamten Nahen Osten exportiert werden. Der Iran bestreitet zwar eine direkte Verwicklung in den Hamas-Terror. Doch er hat die Islamisten seit 2006 mit militärischer Logistik und Raketentechnologie versorgt und den Aufbau lokaler Produktionsstätten ermöglicht. Israel soll durch einen Mehrfronten-Krieg aufgerieben werden.  

Diese Zermürbungstaktik wendet Teheran auch mit Blick auf die Vereinigten Staaten an, die mehrere Flugzeugträger und Kriegsschiffe ins östliche Mittelmeer entsandt haben. Der Iran will den Rückzug der amerikanischen Einheiten erzwingen. Seine Instrumente: eine Schattenarmee schiitischer Milizen.

Die Verbände sind auf den Libanon, Irak, Syrien und den Jemen verteilt. Sie gehören alle zu der von Teheran gesteuerten „Achse des Widerstandes“ gegen Israel und die USA. Nach den Terror-Attacken der Hamas schlossen sich etliche Milizen zur Dachorganisation „Islamischer Widerstand im Irak“ zusammen. Die zunehmenden Angriffe auf amerikanische Militärbasen im Irak (fast 2500 Soldaten) und in Syrien (rund 900 Soldaten) gehen auf ihr Konto. Ihre bevorzugten Waffen sind Drohnen und Raketen, die der Iran liefert.

Eine der größten schiitischen Milizen ist die Hisbollah („Partei Gottes“) im Libanon. Sie wurde nach der Invasion Israels in den Zedernstaat 1982 gegründet und hat 30.000 bis 45.000 Kräfte. Nach Angaben westlicher Sicherheitskreise verfügt die Hisbollah über bis zu 150.000 Raketen, die zum Teil mit hochmodernen GPS-Systemen ausgestattet sind. Waffen und militärische Ausbildung kommen aus dem Iran. Angriffe auf Nordisrael sind an der Tagesordnung.

Die von Deutschland unterstützte EU-Marine-Mission im Roten Meer sei zwar defensiv ausgerichtet und strikt auf die Verteidigung der Handelsschiffe im Roten Meer verpflichtet, heißt es in Brüssel und Berlin. Riskant ist die Operation im Schattenkrieg schiitischer Milizen dennoch.